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24 Weihnachtsgeschichten, die das Leben schrieb

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24 Menschen, 24 Schicksale, 24 Weihnachtsgeschichten: Die hat jetzt die Webseite Schicksal.com im Rahmen eines Wettbewerbs online gestellt. Es handelt sich bei den Weihnachtsgeschichten nicht etwa um Märchen oder Fiktion - zu lesen sind wahre Geschichten, die das Leben schrieb. Und zwar zu Weihnachten. Mehr auf https://www.schicksal.com/Esoterik/Magazin/Weihnachten

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Erfahre alles über Deine Persönlichkeit – in deinem Geburtshoroskop! www.schicksal.com/Geburtshoroskop Ich kann nicht behaupten, dass dieser Heilige Abend nicht schön gewesen wäre. Im Kreise seiner Liebsten zu sein, sich gemeinsam zu beschenken und Freude über Geschenktes zu erleben, ist und bleibt ein schönes Erlebnis. Und trotz aller Trauer herrschte in unserem Wohnzimmer Gemütlichkeit und Geborgenheit, und das ist es, was am meisten Kraft spendet. Jedenfalls empfinde ich es so. Doch genau aus diesem Grunde haben meine Eltern damals beschlossen, nach der Bescherung zu Birgit hinauf zu gehen, um für sie da zu sein. Und das taten sie dann auch. Ich legte mich in mein Bett und schaute mir das Video »Herr der Ringe – Die Gefährten« an, das ich von Andy geschenkt bekommen hatte. Ich war noch immer schockiert, weil Oli einfach aus unserem und vor allem aus seinem Leben gerissen wurde, ohne Vorwarnung oder Begründung. Da Eve und Rick ungefähr in meinem Alter sind, wurde mir durch diese Situation zum ersten Mal quälend bewusst, wie schnell das Leben sich wenden kann. Im einen Moment ist alles toll und man kann es kaum erwarten, dass Weihnachten ist und man die Geschenke erhält, die man sich gewünscht hat. Im nächsten Moment öffnet sich ein Abgrund in deinem Leben und vergessen ist jede Freude, jeder Wunsch nach materiellen Dingen. Man wünscht sich nichts sehnlicher, als die Zeit zurück drehen zu können, um zu ändern, was passiert ist, und muss plötzlich schmerzlich erkennen, dass es nie einen Weg zurück geben wird. Dein persönliches Horoskop im Shop – sofort lieferbar! www.schicksal.com/ Horoskop-Shop Ich litt mit ihnen. Doch mein Herz war auch mit Wärme erfüllt. Ich war stolz auf meine Eltern, weil sie Birgit beistanden. Weil sie ihren eigenen Heiligen Abend opferten, um einer Freundin zu zeigen, dass sie nicht alleine war. Weil sie mit ihr litten und ihr Geborgenheit schenkten. In diesem Moment fühlte ich mich meinen Eltern näher denn je, auch wenn sie gerade nicht bei mir waren. Irgendwann mitten im Film schlief ich ein, traurig und glücklich zugleich. Am nächsten Morgen gingen wir alle in den Weihnachtsgottesdienst. Kaum jemand aus der Gemeinde wusste bisher Bescheid. Und als der Gemeindevorsteher zum Altar ging, um der Gemeinde den »Heimgang« Oli´s zu verkünden, versuchte ich, die Tränen krampfhaft zurück zu halten. Kurz darauf begann der Gottesdienst, wie üblich mit einem Lied. Wir sangen »Stille Nacht, heilige Nacht« und ich kann mir bis heute kein Lied vorstellen, das an diesem Tag grausamer und schöner zugleich gewesen wäre. Wochen vergingen und aus Wochen wurden mittlerweile Jahre. Und noch heute denke ich, wenn ich »Stille Nacht, heilige Nacht« höre, automatisch an meinen Nachbarn Oli und verspüre einen kurzen Stich. 34

Meine »Geschichte« ANNA KAMPKE Mir war kalt. Mir war damals immer kalt. Meine Hände verfärbten sich fleckig rot und prickelten schmerzhaft, als ich sie über das Kaminfeuer hielt, Zentimeter befanden sich zwischen den Flammen und meinen Fingern. Ich spürte nur das Brennen. Und die Kälte tief in meinem Inneren. Mein Blick wanderte zu meiner kleinen Schwester, die am Esstisch saß und lernte. Selbst am Heiligen Abend konnte sie es nicht lassen. Am Tag zuvor war meine ältere Schwester abgehauen. Sie war damals siebzehn oder sechzehn gewesen, ich bin mir nicht sicher. Meine Mutter war außer sich, ihre rot geäderten Augen zeugten von einer schlaflosen Nacht. Ich empfand gegen meinen Willen Mitleid, obwohl ich mir dieses Gefühl seit Jahren verboten hatte. Jener Winter war erbarmungslos kalt, das Thermometer reichte nicht so weit, wie die Temperaturen fielen. »Das hat man davon, undankbares Pack«, sagte meine Mutter und ihre Stimme schnitt durch die Stille wie rostiges Eisen. Ich sackte noch ein wenig mehr in mich zusammen. Wie hatte ich gehofft, sie würde nicht meiner Schwester und mir die Schuld geben an allem, was passiert war. Ich hasste meine ältere Schwester in dem Moment für das, was sie uns mit ihrem Verschwinden angetan hatte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Jasmin im Lernen innehielt, ihr Blick jedoch blieb weiterhin auf ihren Lernunterlagen. Mir schwindelte es vor Angst, ich hatte das Gefühl, die Besinnung zu verlieren, wenn ich mich nicht bald hinsetzen würde. »Verschwindet doch zu eurem Vater, ich will euch nie wieder sehen. Packt eure Sachen und geht!« Die letzten Worte hatte sie gebrüllt. Jasmin begann zu weinen. »Mami bitte, bitte...« »Verschwindet!«, schrie die Frau, die sich unsere Mutter nannte und stürmte aus der Küche. Jasmin weinte leise vor sich hin. Wortlos legte ich ihr den Arm um die Schultern. Mit einer leichten Anwandlung von Eifersucht spürte ich dabei ihre hervorragenden Knochen. »Was machen wir denn jetzt?«, flüsterte sie. Ich schwieg. Es war nicht das erste Mal, dass wir uns in einer solchen Situation wiederfanden. Dein persönliches Horoskop im Shop – sofort lieferbar! www.schicksal.com/ Horoskop-Shop Das Telefon läutete und unterbrach unsere Gedankengänge. Ich hob ab. »Ja bitte?« Mein Mund war trocken. Mutter kam mit verheulten Augen durch die Küchentür. »Opa«, sagte ich tonlos und reichte ihr den Hörer. Ich wusste, was kommen würde. »Alles opfert man für die Kinder und muss dann rausfinden, dass man in der Erziehung gescheitert ist. Ja, gescheitert! Verwöhnt und respektlos, genau wie der Kindsvater.« Als wären wir nicht im Raum. Am Ende des Gesprächs lachte sie bitter und legte auf. »Also habt ihr euch was überlegt?«, fragte sie 35

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